Inhaltsverzeichnis
- Kindeswohlgefährdung - Kriterien / Voraussetzungen
- Gefährung des Kindeswohls laut Gesetz
- Arten der Kindeswohlgefährdung
- Staatliche Eingriffsmöglichkeiten
- Sozialwissenschaftliche Beurteilung
Kindeswohlgefährung (© Gerhard Seybert - stock.adobe.com)
Kaum ein Thema ist heutzutage derart stark in den Fokus des öffentlichen Interesses gerückt wie die Kindeswohlgefährdung. „Kindeswohl“ oder auch „Wohl des Kindes“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der das gesamte Wohlergehen eines Kindes umschreibt und von großer Bedeutung im Familienrecht, aber auch im Adoptionsrecht und im Jugendhilferecht ist.
Kindeswohlgefährdung - Kriterien / Voraussetzungen
Um dieses Wohlergehen bestimmen zu können, wird das Kindeswohl anhand folgender Kriterien beurteilt:
- Haltung des Kindes sowie dessen Eltern zur Gestaltung ihrer Beziehungen im Falle einer Trennung/Scheidung;
- Innere Bindungen des Kindes;
- Kindeswille;
- Kontinuität und Stabilität von Erziehungsverhältnissen;
- Positive Beziehungen zu beiden Elternteilen.
Demzufolge sind die Oberbegriffe, nach welchen eine Beurteilung des Kindeswohls vollzogen wird, „Förderung des Kindes“ und „Schutz des Kindes“. Insbesondere ist zu beachten, dass ein Kind
- ein Recht auf Achtung seiner Menschenwürde,
- ein Recht auf Leben und
- ein Recht auf körperliche Unversehrtheit sowie
- ein Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit besitzt.
Gefährung des Kindeswohls laut Gesetz
Doch nicht immer entsprechen die Gegebenheiten, die einem Kind zum Leben zur Verfügung stehen, den Anforderungen des Kindeswohls. Insbesondre ist dies der Fall, wenn
- Eltern ihre elterliche Sorge missbrauchen,
- Kinder vernachlässigt werden,
- Eltern unverschuldet als Eltern versagen sowie
- wenn Dritte sich gegenüber einem Kind missbräuchlich verhalten.
Wann und wie eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegt, wird gemäß § 1666 Abs. 1 BGB definiert:
- Gefährdung des körperlichen Wohls eines Kindes;
- Gefährdung des geistigen Wohls eines Kindes;
- Gefährdung des seelischen Wohls eines Kindes;
- Gefährdung des Vermögens eines Kindes.
Es ist in den meisten westlichen Ländern dem Staat nicht gestattet, in das Erziehungsrecht der Eltern einzugreifen. Dies ist nur in begründeten Ausnahmefällen möglich, wie beispielsweise bei der Gefährdung des Kindeswohls. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass die Auslegung dieser Gefährdung immer bei der Rechtsprechung liegt, da es sich ja beim Kindeswohl um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt. Dies bedeutet in der Praxis, dass individuell geprüft werden muss, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegt.
Arten der Kindeswohlgefährdung
Grundsätzlich wird dabei zwischen zwei verschiedenen Arten der Kindeswohlgefährdung unterschieden:
- Elterliches Handeln, beispielswiese Gewaltanwendung gegenüber dem Kind;
- Elterliches Unterlassen, zum Beispiel Vernachlässigung eines Kindes.
Recht einfach ist die Rechtslage bei einer Gefährdung des Vermögens eines Kindes: Gemäß § 1666 Abs. 2 BGB wird eine Kindeswohlgefährdung angenommen, wenn der Unterhaltspflichtige seiner Pflicht auf Zahlung von Kindesunterhalt nicht oder nur ungenügend nachkommt. Andere Fälle von Kindeswohlgefährdung sind hingegen weitaus schwieriger zu erkennen und demzufolge zu ahnden.
Staatliche Eingriffsmöglichkeiten
Wird nun festgestellt, dass eine Gefährdung des Kindeswohls gegeben ist, muss der Staat eingreifen und das betreffende Kind schützen (Schutzauftrag), wofür ihm gemäß § 1666 Abs. 3 BGB diverse Möglichkeiten zur Verfügung stehen, an die sich die Eltern zu halten haben:
- Gerichtliche Anordnungen bezüglich der Inanspruchnahme von öffentlichen Hilfen, wie beispielsweise der Kinder- und Jugendhilfe [VerfGH Rheinland-Pfalz, 28.05.2009, VGH 45/08];
- Gerichtliche Anordnungen, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen;
- Verbote seitens des Gerichts, für eine bestimmte oder unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder Orte, an denen sich das Kind befindet, zu meiden;
- Gerichtliche Verbote bezüglich Kontaktaufnahme zum Kind;
- Ersetzung von Erklärungen der elterlichen Sorge;
- Entzug des Sorgerechts [OLG Koblenz, 11.05.2005, 13 WF 282/05].
Welche Möglichkeit individuell zum Tragen kommt, ist abhängig von dem Grad der drohenden Schädigung des Kindes. Diese wird anhand der Nachteile beurteilt, welche sich durch das Verhalten der Eltern ergeben können. Dabei ist von einer erheblichen Beeinträchtigung der Entwicklung eines Kindes auszugehen, wenn die Kindeswohlgefährdung und die damit einhergehende Schädigung bereits eingetreten sind.
Oftmals ist auch das Jugendamt in dem Verfahren beteiligt und nimmt ausführlich Stellung zu den Erziehungsberechtigten, so dass eine Gefährdungseinschätzung der Personensorgeberechtigtenabgegeben werden kann. Insbesondere die Erziehungsfähigkeit wird dabei umfassend durchleutet. Der Kinderschutz hat dabei absolute Priorität.
Sozialwissenschaftliche Beurteilung
Unter sozialwissenschaftlichen Gesichtspunkten werden Fälle der Kindeswohlgefährdung anhand der sogenannten „Trias“ beurteilt:
- Vernachlässigung;
- Misshandlung;
- Sexueller Missbrauch.
Eine Vernachlässigung kann in verschiedenen Formen auftreten:
- Körperliche Vernachlässigung;
- Emotionale Vernachlässigung;
- Erzieherische Vernachlässigung.
Generell ist eine Vernachlässigung gegeben, wenn Eltern wiederholt ihrer Pflicht gegenüber ihrem Kind zum fürsorglichen Handeln nicht nachkommen. Dies hat zur Folge, dass sich psychische und/oder physische Beeinträchtigungen in der Entwicklung des Kindes ergeben.
Misshandlungen werden ebenfalls in zwei verschiedene Kategorien unterteilt:
- Psychische Misshandlung;
- Physische Misshandlung.
Eine psychische Misshandlung ist beispielsweise dann gegeben, wenn Eltern ihrem Kind das Gefühl der Ungeliebtheit, Wertlosigkeit oder Fehlerhaftigkeit vermitteln.
Unter physischen Misshandlungen werden hingegen Aktes des körperlichen Zwangs oder der körperlichen Gewaltanwendung verstanden, welche zu einer Beeinträchtigung der körperlichen oder psychischen Entwicklung des Kindes führen können.
Als sexueller Missbrauch wird angesehen, wenn Eltern ihre Kinder mit unangemessenen Handlungen mit sexuellem Bezug konfrontieren. Eine derartige Beurteilung gestaltet sich insbesondere deshalb als schwierig, weil zum einen eine ungestörte sexuelle Entwicklung des Kindes gewährleistet sein muss, zum andren die Grenzen zwischen natürlichen und unangemessenen Handlungen im Einzelfall schwer zu definieren sein können.
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